Ernennung von George Gruntz zum ersten Ehrensenator, 24.10.2012
Ernennung von George Gruntz zum ersten Ehrensenator
der Hochschule für Kunst, Design und Populäre Musik Freiburg am 24.10.2012
Lieber George,
liebe Lilly,
sehr verehrter Herr Bürgermeister von Kirchbach,
liebe Gäste,
als es im Kreise des Beirats der Hochschule um die Frage ging, welche Persönlichkeit man zum Ehrensenator der Hochschule ernennen könnte, fiel dein Name als erster. Kein Wunder! Handelt es sich bei George Gruntz doch um einen Titanen des europäischen Jazz, der die Jazz-Oper „Cosmopolitan Greetings“ geschrieben hat, jahrelang musikalischer Direktor des Züricher Schauspielhauses war, 23 Jahre lang die Geschicke der Berliner Jazztage geleitet hat, mit seiner grandiosen „Concert Jazz Band“ die Kontinente bereist hat und 1995 mit dem Verdienstkreuz erster Klasse der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet wurde.
Er begleitete Louis Armstrong beim Newportjazz Festival1958, 1991 wurde vor 70 000 Menschen in Chicago seine Großkomposition „Chicago Cantata“ uraufgeführt, von 1990 bis 2000 war seine „George Gruntz Concert Jazz Band“ durchgehend unter den besten drei Bigbands in der ausschlaggebenden Kritikerliste des Magazins „Down Beat“. Dieses mit Starsolisten gespickte Ensemble, das der französische Rundfunkjournalist André Francis (Radio France) als „Best contemporary big band in the world today“ titulierte, ist bis heute seine große Leidenschaft.
Auffallend ist seine weltoffene Neugierde auf alles was mit Kultur zusammenhängt. Er musiziert mit tunesischen Beduinen, finnischen Lappen. Im Konzert wird dann auch mal locker das „Nonnenfürzli“ untergebracht, wobei natürlich interessant wäre, wie er diesen Titel seinen tunesischen Kollegen erklärt hat. Dabei gelingt ihm immer ein respektvoller Zugang zur Musik anderer Kulturen.
George Gruntz hat eine große Freude daran scheinbare Stilgrenzen zu überschreiten, zur Klassik, zur Volksmusik, zum Pop, zur Weltmusik. Er ist ständig auf der Suche nach neuen Möglichkeiten und Verbindungen von Jazz mit anderer Musik. Er hat keine Angst davor durch die Vermischung seine Identität zu verlieren, denn bei aller Weltmusik bleibt er, wie er sagt, „Erzbasler“.
Lieber George, durch deine Weltoffenheit, deine Neugierde, deine Grenzüberschreitungen, deine Innovationskraft und deine hohe Professionalität hast du Maßstäbe gesetzt, denen wir uns in besonderer Weise in der Ausbildung an der hKDM verpflichtet fühlen. Auch wir haben bewusst Grenzüberschreitungen zwischen den normalerweise getrennten Disziplinen Kunst, Design und Populärer Musik im Curriculum vorgesehen, auch wir wollen eine weltoffene Hochschule durch einen hohen Anteil an internationalen Studierenden werden und auch wir streben höchstmögliches Niveau unserer Absolventen an.
Als „Erzbasler“ hast du natürlich auch eine besondere Beziehung zu Nachbarstadt Freiburg und du hast immer die J&RSF und ihre Arbeit unterstützt und so verbindet uns eine langjährige professionelle und persönliche Freundschaft, die dich bei vielen Gelegenheiten mit unserer Schule zusammen geführt hat.
Unvergessen für mich bleibt das Jahr 2004 als die J&RSF die Ehre hatte, den Jahreskongress der IASJ in Freiburg auszurichten. Die besten internationalen Jazz-Dozenten waren hier versammelt und jede Schule oder Hochschule hat ein oder zwei ihrer besten Studierenden mitgebracht. Du hattest die künstlerische Leitung der Veranstaltung mit über 120 Teilnehmern übernommen. Am Ende einer Arbeitswoche, die gefüllt war mit Kongressen, Seminaren, Workshops und viel Probearbeit hast du ein spektakuläres Konzert mit den Studierenden auf die Bühne gezaubert, das alle vom Hocker gerissen hat.
Ebenfalls in bleibender Erinnerung ist mir in diesem Zusammenhang ein gemeinsames Abendessen mit dir und den Kongressteilnehmern in Basel. Im Gegensatz zu den anderen Musikern fiel unser beider Essenswahl auf das Kalbsbries auf der Speisekarte und du sagtest zu mir „Aha – auch ein Connaisseur!“. Dass der Abend dank des herrlichen Geschichtenerzählers George Gruntz äußerst unterhaltsam verlief, erwähne ich nur am Rande.
Ich erzähle das, weil ich mich frage, wie du es schaffst professionelle Ernsthaftigkeit, unbedingte Hingabe an die musikalische Qualität, mit der Kunst des ausgelassener Spaßmachers und lebensbejahender Genießers scheinbar mühelos unter einen Hut zu bringen? Wie schaffst du es bloß auf der Bühne eine Atmosphäre der Leichtigkeit zu erzeugen, die dein Publikum verzaubert und es ihm leicht macht deiner komplexen Musik zu folgen?
Vielleicht ist deine Einstellung zur Arbeit ein wichtiger Schlüssel zum Verständnis:
Zitat George:
„Wenn Sie mich fragen würden, was ich bin, welchen Beruf ich ausübe, hätte ich Ihnen geantwortet: Ich bin Jazzmusiker und habe keinen Beruf. Damit sehe ich mich, ganz ohne Werturteil, im Gegensatz zu einem Musiker klassischer Provenienz, dem Solisten im Stress, dem Musiklehrer in der Routine. Ich tue das mit Freude, woran ich Spaß habe.“
Zitatende
Es ist genau dieser Spaß an der Arbeit, diese Freude, den dein Publikum und die Menschen die mit dir zu tun haben, spüren und gerne daran teilhaben.
Mit der neugegründeten Hochschule haben wir nun erstmalig die Chance außer den akademischen Titeln auch Ehrentitel zu verleihen. George Gruntz zu ehren, heißt eigentlich Eulen nach Athen tragen, da du schon so viele Ehrungen in deinem von vielen spektakulären Erfolgen gekrönten Musikerleben erhalten hast.
Dennoch bin ich dankbar, dass wir nun auch etwas an dich zurückgeben können. Es gibt mir und Bernhard Hofmann vor allem die Gelegenheit, und hier darf ich unseren gemeinsamen Freund Christian Hodeige, den Verleger der Badischen Zeitung, zitieren: unsere „Verehrung für den Pianisten, Bandleader, Komponisten, Arrangeur und, vor allem dem Innovator und Weltbürger George Gruntz zum Ausdruck zu bringen“.
Viele Musikerkollegen, Jazzkritiker und Laudatoren haben schon versucht das Phänomen George Gruntz in Worte zu fassen. Dem ehemaligen Chefredaktor der „Basler Zeitung“ (Hans Peter Platz) ist dies besonders gut gelungen.
Der schreibt:
„George Gruntz lebt aus Überzeugung „on the sunny side of the street“ und freut sich
erst noch darüber. Das wirkt anziehend und ansteckend zugleich. Macht ihn gleichzeitig verführbar und zum Verführer und ließe ihn leichtfertig erscheinen, wäre da nicht ein spürbarer Gegenzug. Seine gelebte Treue zu Menschen und Sachen (auch musikalischen), die ihm wichtig sind. Seine Unnachgiebigkeit, wenn es um Arbeit und Qualität geht. Seine Ernsthaftigkeit, mit der er sich um Verstehen und Wissen bemüht.
Ich habe George Gruntz immer so erlebt und schätzen gelernt, als Wanderer zwischen den
Welten, musikalisch und menschlich. Als Charmeur im Blazer der Zeit und hingebungsvollen jungen Pianisten. Als lebenslustigen Genießer und knallharten Profi im Musikgeschäft. Als zornigen Probenleiter und ausgelassenen Animator. Als musizierenden Spaßvogel und beharrlichen Notenfuchser. Weich und hart zugleich: zusammengehalten und versöhnt durch eine Mitte aus Sachverstand und Offenheit ...das macht den liebenswerten und außerordentlichen Menschen George Gruntz überhaupt erst möglich und erklärbar.“
Dem habe ich nichts mehr hinzuzufügen.
Ich danke dir, lieber George – ich danke Ihnen, verehrtes Publikum.